Weit weg und ganz nah (German Edition) by Jojo Moyes

Weit weg und ganz nah (German Edition) by Jojo Moyes

Autor:Jojo Moyes [Moyes, Jojo]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644498310
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-05-22T22:00:00+00:00


Es war stock­dun­kel. Drau­ßen zog ein leich­ter Wind kla­gend durch un­sicht­ba­re Mau­er­rit­zen, Bäu­me rausch­ten, und eine Au­to­tür wur­de zu­ge­schla­gen, gleich dar­auf heul­te ein Mo­tor auf. Im Zim­mer ne­ben­an win­sel­te Nor­man im Schlaf, das Ge­räusch wur­de von der dün­nen Gips­kar­ton­wand nur schlecht ge­dämpft. Jess hör­te Mr. Ni­cholls at­men, und ob­wohl sie die Nacht zu­vor in sei­ner nächs­ten Nähe ver­bracht hat­te, war sie sich sei­ner An­we­sen­heit jetzt viel be­wuss­ter als vier­und­zwan­zig Stun­den zu­vor. Sie dach­te dar­an, wie er Nicky zum Lächeln ge­bracht hat­te, wie sei­ne Hän­de auf dem Lenk­rad la­gen.

Sie dach­te an einen Aus­druck, den sie vor ein paar Wo­chen von Nicky ge­hört hat­te – You Only Live Once: Man lebt nur ein­mal –, und er­in­ner­te sich dar­an, wie sie Nicky er­klärt hat­te, nach ih­rer Mei­nung sei das nichts wei­ter als eine Ent­schul­di­gung, die Idio­ten be­nutzten, um tun zu kön­nen, was sie woll­ten, ganz egal, wel­che Kon­se­quen­zen es hat­te.

Sie dach­te an Liam und wuss­te ir­gend­wie tief in ih­rem In­ne­ren, dass er in ge­nau die­sem Mo­ment Sex hat­te – viel­leicht mit die­ser blon­den Kell­ne­rin aus dem Blue Par­rot oder mit der Hol­län­de­rin, die den Blu­men­las­ter fuhr. Jess dach­te an ein Ge­spräch mit Chel­sea, bei dem Chel­sea ihr er­klärt hat­te, sie sol­le lü­gen, was ihre Kin­der an­gin­ge, weil sich kein Mann je in eine Sin­gle-Mut­ter von zwei Kin­dern ver­lie­ben wür­de, und wie wütend sie auf Chel­sea ge­wor­den war, weil sie im Grun­de wuss­te, dass sie recht hat­te.

Und sie dach­te dar­an, dass sie Mr. Ni­cholls, selbst wenn er nicht ins Ge­fäng­nis muss­te, nach die­ser Fahrt wahr­schein­lich nie wie­der­se­hen wür­de.

Und dann, be­vor sie lan­ge dar­über nach­den­ken konn­te, stand Jess lei­se auf und ließ die Decke auf den Bo­den glei­ten. Nur vier Schrit­te und sie war bei sei­nem Bett an­ge­langt. Sie zö­ger­te, die nack­ten Ze­hen in den Kunst­fa­ser­tep­pich ge­bohrt, weil sie noch im­mer un­si­cher war, ob sie es wirk­lich wa­gen soll­te. Man lebt nur ein­mal. Und dann be­weg­te sich et­was in der bei­na­he voll­kom­me­nen Dun­kel­heit, und sie sah, dass sich Mr. Ni­cholls zu ihr um­dreh­te, als sie die Bett­decke hob und dar­un­ter­schlüpf­te.

Jess lag Brust an Brust mit ihm, ihre kühlen Bei­ne an sei­nen war­men Bei­nen. In die­sem schma­len Bett gab es kei­ner­lei Aus­weich­mög­lich­keit, und die durch­hän­gen­de Ma­trat­ze ließ sie noch en­ger zu­sam­men­rut­schen, während sich die Ma­trat­zen­kan­te wie eine Steil­klip­pe nur we­ni­ge Zen­ti­me­ter hin­ter ih­rer Schul­ter be­fand. Sie la­gen so dicht bei­ein­an­der, dass sie den schwa­chen Ge­ruch sei­nes Af­ters­ha­ves und sei­ner Zahn­pa­sta wahr­nahm. Sie spür­te, wie sich sei­ne Brust hob und senk­te und wie sich ihr flat­tern­der Herz­schlag ge­gen sei­nen ab­hob. Sie leg­te den Kopf ein we­nig schräg, um in sei­ner Mie­ne zu le­sen. Er leg­te sei­nen rech­ten Arm über die Bett­decke, ein über­ra­schend schwe­res Ge­wicht, und zog sie en­ger an sich. Mit der an­de­ren Hand such­te er ihre und um­schloss sie sanft. Sei­ne Hand war weich und zart, sie lag nur Zen­ti­me­ter von ih­rem Mund ent­fernt. Sie woll­te mit ih­rem Kopf noch näher an sei­ne Hand rücken, sei­nen Fin­ger­knöcheln mit den Lip­pen fol­gen. Sie woll­te ih­ren Mund zu sei­nem he­ben.

Man lebt nur ein­mal.

Sie lag im Dun­keln, wie ge­lähmt von ih­rem ei­ge­nen Ver­lan­gen.



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